Pfingsten: Heiliger Geist – Geist der Menschlichkeit – wind of change

Nachricht 05. Juni 2022

Die Bevollmächtigten OLKR'in Kerstin Gäfgen-Track und OLKR'in Andrea Radtke schreiben im Editorial des Newsletters zu Pfingsten:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Pfingsten steht vor der Tür. Neben dem Namen für die „Pfingstrosen“ und dem Brauchtum des geschmückten „Pfingstochsen“ hat dieses christliche Fest, anders als Ostern und Weihnachten kaum Spuren in unserer Kultur hinterlassen. Ein arbeitsfreier Montag erinnert allenfalls daran, dass es mit diesem Fest etwas Besonderes auf sich hat.

Feste, die endlich wieder nach zwei Jahren geprägt von der Corona-Pandemie möglich sind, sind zurzeit hoch im Kurs. Es gibt gerade viele Anlässe für Feste, täglich gehen derzeit Einladungen zu Empfängen, Jubiläen und Veranstaltungen aller Art ein. Es fühlt sich oft noch seltsam an, wieder unter so vielen Menschen zu sein und das auch noch ohne Maske (oder besser doch nicht?!), aber es ist schön. Viele sind begeistert, endlich wieder Menschen persönlich zu treffen, etwas zu erleben und zu unternehmen. Ein Kollege aber fragte: „Was machen wir da eigentlich? Wovon sind wir begeistert? Davon, dass es wieder so ist wie früher, nur deutlich teurer?“ Mehr als zwei Jahre Pandemie haben vielen Menschen viel abverlangt und nicht nur bei long covid Patient*innen manchmal tiefgreifende Spuren hinterlassen. Es ist momentan schwer zu greifen, ob es der Wunsch danach ist, dass die neue Normalität das Wiederaufleben der alten Gewohnheiten ist oder sich doch so viel verändert hat, dass es Unsicherheiten, Vorsicht und die drängender werdende Suche nach Neuem gibt.

Gefühlt ist noch nicht klar, wie es weitergehen wird. Denn alte Muster sind wieder da: die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern, die Logik der Abschreckung durch Waffen als alleiniges Mittel zu einem Frieden als Abwesenheit von Krieg oder die Renaissance von Kernkraftwerken. Andere alte Gewohnheiten tragen nicht mehr und viele sollten besser nicht mehr tragen: Dienstreisen per Flugzeug, Urlaub in exotischen Ländern oder mit Tempo 200 über die Autobahn.

Auch diesmal wollen wir wie der Zauberlehrling die Geister zu gerne loswerden, die wir immer wieder rufen und dann nicht mehr beherrschen, weil wir das Wort vergessen haben, um die Flut von Krisen zu stoppen: die Pandemie, die Armut, den Krieg und den Klimawandel.

„Ach, ich merk es! Wehe! wehe!
hab ich doch das Wort vergessen!

Herr, die Not ist gross!
Die ich rief, die Geister,
werd ich nun nicht los.“
(Johann Wolfgang von Goethe, Der Zauberlehrling, 1797)

Nach Orientierung, Sinn und Hoffnung kritisch und neu gefragt. Das Wort, das von einem neuen Geist erzählt und das hält, was es verspricht. Das Wort für Menschen, die keine Zauberlehrlinge sein wollen. Das Wort eines neuen „wind of change“: Solidarität wird wichtiger und gelebt im Umgang mit den ukrainischen Flüchtlingen. Vernetzungen mit ganz unterschiedlichen Menschen und Gruppen werden aufgebaut, um die Herausforderungen gemeinsam anzugehen. Interdisziplinarität ist in der Wissenschaft zur Lösung von Problemen angesagt. Noch mehr ist angesagt: Der „wind of change“ ist der Geist der Menschlichkeit. Leben wird neu geteilt.

Ein neuer Geist der Menschlichkeit – so die Überzeugung der Christenmenschen – ist der Geist Gottes. Er lässt uns die Geister prüfen, damit wir die, die wir riefen, auch wieder loswerden, falls erforderlich. Der Geist Gottes weht, wo er will. Er will Veränderung, Leben, Menschlichkeit. An Pfingsten feiern die Christenmenschen ihn.

Wir wünschen Ihnen ein gesegnetes Pfingstfest

Ihre

Kerstin Gäfgen-Track und Andrea Radtke