Hannover. Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen wollen bei den Kirchenvorstandswahlen im Frühjahr verhindern, dass Menschen mit extremistischen Einstellungen in das Ehrenamt kommen. Dazu haben sie eine Empfehlung für die Gemeinden veröffentlicht. Wenn etwa AfD-Anhänger kandidierten, sei das in jedem Fall zu überprüfen, sagte der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen fügte an, die innere Haltung zu Grundwerten sei entscheidend.
Herr Adomeit, die AfD hat bei den jüngsten Landtagswahlen in Bayern und Hessen Erfolge gefeiert, weitere Wahlergebnisse dieser Art sind erwartbar. Können Sie diesen wachsenden Anteil in der Bevölkerung von kirchlichen Ämtern fernhalten?
Thomas Adomeit: Das ist keine Frage von Zahlen. Eine Nähe zu einer extremistischen Partei oder Vereinigung, die sich rein rechtlich im Moment noch im verfassungsgemäßen Rahmen bewegen, ist für mich allein nicht aussagekräftig. Da gehört für mich auch die persönliche Haltung dazu. Diese innere Haltung spielt dann schon eine entscheidende Rolle bei der Frage, ob jemand ein kirchliches Amt übernehmen kann oder nicht. Wer die Partei nicht nur aus Protest wählt, sondern sich deren Programmatik anschließt, ist dann für uns auch nicht wählbar. Einerseits für ein kirchliches Amt zu kandidieren und andererseits sich demokratiefeindlich, islamfeindlich oder fremdenfeindlich zu äußern - das passt nicht zusammen.
Bedeutet dies, dass Menschen, die rechtsextremen Parteien nahestehen oder gar Mitglied sind, als Kandidaten ausgeschlossen sind?
Adomeit: Wir werden genau schauen, dass wir unseren kirchlichen Auftrag erfüllen können. Das christliche Menschenbild ist das für uns leitende Bild. Es gibt aber Menschen, die sich diesem Menschenbild nicht nähern wollen oder können und durch ihre Haltung deutlich machen, dass sie unsere Werte als Kirche nicht teilen. Und dann ist es in der Tat so, dass wir diese Menschen nicht in die Verantwortung bringen werden, eine Kirchengemeinde zu leiten.
Wir erleben gerade ein Umschwenken von Protestwählerinnen und -wählern zu programmatischen Wählerinnen und Wählern. Wenn jemand, der oder die einer extremistischen Partei nahesteht oder deren Mitglied ist, und deren Parteiprogrammatik offen kommuniziert, ist das auf jeden Fall ein Anlass, diese Kandidatur grundsätzlich zu überprüfen. Das eint uns als Kirchen und wird auch in den jeweiligen rechtlichen Bestimmungen unserer Kirchen deutlich.
Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen haben zum Thema jetzt eine Handreichung veröffentlicht, was ist die Kernaussage?
Adomeit: Für uns als evangelische Kirchen ist klar, dass kirchliche Leitungsämter nur Menschen übernehmen können, die unsere grundlegende Haltung als evangelische Kirche teilen: Alle Menschen sind von Gott zu seinem Bilde geschaffen. Darauf beruht nach biblischem Verständnis ihre Würde als Menschen. In der Gottesebenbildlichkeit gründen auch die mit der Würde gegebenen unveräußerlichen Menschenrechte, die für alle Menschen in gleicher Weise gelten und im Grundgesetz formuliert sind. Uns ist von Jesus ans Herz gelegt, uns um die Schwächsten in der Gesellschaft zu kümmern.
Müsste sich die Kirche vielleicht häufiger und klarer zu Demokratiefragen melden?
Adomeit: Ich glaube, dass wir an allen Stellen unserer Gesellschaft daran arbeiten müssen. Die Demokratiebildung muss wieder einen höheren Stellenwert erlangen, als wir bisher gedacht haben. Das ist für mich die Lehre aus den Wahlen in Hessen und Bayern. Und die Umfragen zeigen ja, dass eine Partei wie die AfD auch in Niedersachsen steigende Umfragewerte hat. Das heißt, auch hier werden wir uns diesem Thema stellen, Haltung zeigen und Menschen von unserer Haltung überzeugen.
Interview: Jörg Nielsen (epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen)