Organspende braucht Entscheidung

Nachricht 10. September 2018

Evangelische Frauen lehnen Widerspruchsregelung ab

Die Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) lehnen die Forderung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nach Einführung einer Widerspruchsregelung im deutschen Transplantationsgesetz entschieden ab. "Das ist keine kleine Änderung, das ist ein Paradigmenwechsel bei der zentralen Rechtsgrundlage der so genannten postmortalen Organspende in Deutschland: von der Freiwilligkeit hin zur Verpflichtung", sagt EFiD-Vorsitzende Susanne Kahl-Passoth.

Aus Sicht der Evangelischen Frauen ist es nicht vorstellbar, dass es im Geltungsbereich des Grundgesetzes - nach dem die Würde des Menschen unantastbar ist - eine Verpflichtung geben kann, den sterbenden beziehungsweise toten menschlichen Körper zur Verfügung zu stellen. Auch dann nicht, wenn dies ausschließlich zum Wohl anderer Menschen dient. "Zudem pervertiert eine Widerspruchsregelung den grundsätzlich freiwilligen Charakter einer Spende", erklärt Angelika Weigt-Blätgen, stellvertretende EFiD-Vorsitzende. Dies gelte ebenso im Falle einer doppelten Widerspruchsregelung, nach der auch Angehörige einer Organspende widersprechen können. Die Entscheidungsnot betroffener Angehöriger lasse sich letztlich nur lösen, wenn über eine Organspende ausschließlich der oder die erwachsene Organspender*in entscheiden könne. "Dies ist nicht von ungefähr eine der zentralen Forderungen der Evangelischen Frauen in Deutschland zur gesetzlichen Regelung der Organspende", so Weigt-Blätgen weiter.

"Es ist eine Illusion zu glauben, dass sich durch Einführung der Widerspruchsregelung die Organspende-Zahlen in Deutschland nennenswert erhöhen würden", stellt Kahl-Passoth klar. Dies sei, wie das Beispiel anderer Länder zeige, keineswegs ein Automatismus. Und schon gar nicht ließe die Zahl sich durch immer neue Werbekampagnen erhöhen. Die Entwicklung der letzten Jahre zeige überdeutlich, dass vielmehr endlich ernsthaft damit begonnen werden müsse, verloren gegangenes Vertrauen der Bevölkerung in das Organspende-System zurückzugewinnen. "Dazu gibt es nur einen Weg! Nämlich eine umfassende, auch schwierige ethische Fragen wie die Diskussion um den Hirntod offen ansprechende Information derjenigen, die um ihre Spende gebeten werden." Unabdingbar sei der absolute Respekt vor der Freiwilligkeit der Entscheidung.

Hintergrund
Organspende.entscheide.ich. ist die Kampagne der Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. (EFiD) für einen anderen Organspendeausweis.
Unterstützt wird der Organspendeausweis der Evangelischen Frauen von Bischof Prof. Dr. Martin Hein und Bischöfin Ilse Junkermann.
Mehr zum anderen Spendeausweis finden Sie auf der Kampagnenwebsite www.organspende-entscheide-ich.de

Der Verband Evangelische Frauen in Deutschland e.V. (EFiD) mit Sitz in Hannover ist als Dachverband die Stimme evangelischer Frauen in Kirche und Gesellschaft.
Die EFiD fördert und unterstützt die Arbeit von und mit Frauen in kirchlichen Bezügen und ermutigt Frauen, in der heutigen Welt als Christinnen zu leben.
Mit frauenspezifischer Kompetenz und Sicht setzt der Verband theologische, spirituelle, sozialdiakonische und politische Impulse.
Zur EFiD gehören 39 Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 3 Millionen Mitgliedern.

Susanne Kahl-Passoth ist Vorsitzende der Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. (EFiD). Die Theologin i.R. war elf Jahre Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz (2002-2013), seit 2014 ist sie stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrates.

Angelika Weigt-Blätgen ist stellvertretende Vorsitzende der Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. (EFiD). Die Leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen ist Mitglied der Synoden der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Theologin ist auch Vorsitzende der Konferenz für Diakonie und Entwicklung und Mitglied des Aufsichtsrates des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung.

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