
Standards für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt sowie eine stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse von sexualisierter Gewalt betroffener Personen im neuen Gewaltschutzgesetz des Bundes gehören zu den gemeinsamen Forderungen von Kirche und Betroffenenvertretung im Feierabendtalk der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen. Zu Gast waren Nancy Janz, Betroffenensprecherin im Beteiligungsforum (BeFo) in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und der Braunschweiger Landesbischof Christoph Meyns, der ebenfalls im BeFo mitgewirkt hat.
„Ich bedaure sehr, dass von den Vorschlägen, die von sexualisierter Gewalt betroffene Personen für das neue Gewaltschutzgesetz des Bundes eingebracht haben, so wenig am Ende übriggeblieben ist“, sagte Nancy Janz während der Veranstaltung. „Wir haben in unserer Arbeit im BeFo bereits viele Erfahrungen gemacht und Verbesserungen im kirchlichen Bereich erwirkt. Was aber weiterhin fehlt, ist eine gesamtgesellschaftliche Lösung. Kirche darf sich dabei nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Unsere Forderungen nach weiteren Verbesserungen für betroffene Personen bleiben bestehen und wir werden nicht müde, diese immer weiter einzufordern. Forderungen allein aber helfen all den anderen betroffenen Personen in Sport, Kultur und vor allem im familiären Umfeld wenig. Die Forderungen müssen auch umgesetzt werden. Ich selbst bin Betroffene auch im familiären Kontext und weiß, wie schwierig es war, Unterstützung zu bekommen.“
Landesbischof Christoph Meyns pflichtete Nancy Janz in der Forderung nach einheitlichen Standards auf staatlicher Ebene bei. Auch er hob dabei hervor, dass bei allen Fortschritten des innerkirchlichen Umgangs mit Prävention, Intervention, Aufarbeitung und Hilfe für betroffene Personen weitere Anforderungen an die Kirchen gestellt werden sollten. „Die Fälle sexualisierter Gewalt fordern die evangelische Kirche in dreifacher Hinsicht heraus: im Blick auf ihre Spiritualität, im Blick auf ihre Kultur und im Blick auf ihre Strukturen.“ Die Spannung zwischen der Kirche als Religionsgemeinschaft und ihrer Kultur des geschwisterlichen Miteinanders und als Organisation mit einer Leitungsstruktur führe dazu, so Meyns weiter, dass „Machtstrukturen unsichtbar gehalten“ werden. Das wirke sich negativ auch auf die Professionalität des kirchlichen Leitungshandelns aus. „Beides hat sich in der Vergangenheit täterschützend ausgewirkt. Die föderale Struktur der Kirche macht es Betroffenen schwer, Zugang zu finden und ihr Anliegen richtig zu adressieren."
Hintergrund:
Zum Feierabendtalk lädt die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen regelmäßig Fachleute zu ausgewählten Themen der aktuellen gesamtgesellschaftlichen Debattenlage ein. Zu den Themen der jüngeren Zeit zählten unter anderem die Frage des Kirchenasyls, Umgang mit Polizeigewalt, Landwirtschaft in der Krise sowie der bevorstehende Kirchentag. Die Veranstaltungen sind nicht medienöffentlich.
Pressemitteilung der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen