
Bremerhaven (epd). Der Klimaforscher Hans-Otto Pörtner hat nach der Bundestagswahl davor gewarnt, in einem künftigen Regierungshandeln den Klimaschutz zu vernachlässigen. „Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ist eigentlich ein urkonservatives Thema“, sagte der Professor vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf eine mögliche schwarz-rote Koalition im Bund. Der Klimawandel betreffe alle Menschen. Keine Bundesregierung könne sich seinen Folgen entziehen.
„Der Klimawandel holt uns ein“, mahnte der Meeresbiologe und verwies auf zunehmende Extremwetterereignisse. „Davor kann niemand weglaufen.“ Der Wissenschaftler mahnte vorsorgendes Handeln an, um die Folgen einzugrenzen. Dazu gehöre es, „nachhaltige Industrien aufzubauen, die uns Wohlstand und Wohlbefinden sichern“. Das Tempo der wirtschaftlichen Entwicklung müsse sich an die Verfügbarkeit der erneuerbaren Energien anpassen, die rasch weiter ausgebaut werden müssten. Weiter Geld in alte Technik zu stecken, sei kontraproduktiv, sagte Pörtner: „Wer in auslaufende Technik investiert, gräbt sich ein in der Vergangenheit und wird irgendwann einen höheren Preis dafür zahlen müssen.“
Aufschieben werde das Problem nur schlimmer machen, mahnte der Klimaforscher: „Aufschieben bedeutet noch mehr Klimawandel, bedeutet mehr Schäden, bedeutet mehr verlorene Menschenleben.“ In späterer Zeit die Schäden des Klimawandels zu reparieren, werde Schätzungen zufolge wirtschaftlich sechsmal teurer werden, als jetzt in den Klimaschutz zu investieren. Das werde letztlich den Wohlstand zerstören. „Man nimmt im Prinzip eine Hypothek auf die Zukunft auf und weiß, dass man sie eigentlich nicht zurückzahlen kann.“
Pörtner schlug vor, den Schutz des Klimas und der Artenvielfalt im Grundgesetz zu verankern, so dass künftige Maßnahmen daran gemessen werden könnten. „Wir müssen Routinen etablieren, in denen die Umsetzung der Transformation quasi automatisch im Hintergrund läuft, ohne dass wir das in der täglichen politischen Kakophonie immer wieder thematisieren müssen“, sagte der Professor. „Das sollte für uns genauso selbstverständlich sein wie die Verkehrsregeln.“
Kritik übte der Wissenschaftler an politischen Akteuren, „die auf der Bremse stehen und Gelegenheiten abwarten, die Rolle rückwärts wieder aktivieren zu können“. Sie schielten auf kurzfristige wirtschaftliche Vorteile und seien der Meinung, man könne den Klimaschutz zu einer Option machen und in die Zukunft verschieben. Der Forscher betonte demgegenüber: „Man wundert sich, dass die Spezies Mensch auf diese Art und Weise letztendlich am eigenen Untergang arbeitet. Jeder, der hier auf der Bremse steht, muss sich im Klaren darüber sein, dass er seinen Mitmenschen den Klimawandel aufzwingt.“
epd Gespräch (Michael Grau)