Die Tagung der Gesellen-Vizepräsident*innen, die gemeinsam mit der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen vom Ökumenischen Landesarbeitskreis Handwerk und Kirchen veranstaltet wird, hat eine lange Tradition. In diesem Jahr stand die Zusammenkunft der Arbeitnehmer-Vertreter*innen der sechzehn norddeutschen Handwerkskammern unter der Überschrift „Handwerk ist bunt! – Religions- und Kultursensibilität in Handwerksbetrieben“. Gastgeberin war die Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen.
Menschen am Arbeitsplatz unterschieden sich in Alter, Geschlecht und sexueller Orientierung. Sie haben eine unterschiedliche Herkunft und gehören verschiedenen Glaubensrichtungen an. Sie zeichnen sich aus durch individuelle Erfahrungen, Eigenschaften und Fähigkeiten und vertreten divergente Ansichten. Alle zusammen bilden ein buntes Spektrum an Lebensgeschichten, Lebenswelten und daraus resultierenden Bedürfnissen.
Der Sozialpädagoge Dr. Peter Marquard machte deutlich, dass Glaube und Kultur Ressourcen sind, um das Leben zu bewältigen. Es gilt, die Vielfalt der Glaubens- und Kulturausrichtungen zunächst einmal wahrzunehmen und anzunehmen. Dabei kommt dem Leitbild des Betriebs eine entscheidende Rolle zu. Eine Haltung der Offenheit für „Andersheit“ ist die Basis für ein gutes Miteinander. Fragen, die über arbeitstechnische Themen hinausgehen, signalisieren Interesse am Gegenüber: Woher kommst du? Woran glaubst du?
Christoph Schmitz, Betriebswirt und Malermeister, betonte, dass es für ein Betriebsklima der Offenheit wichtig ist, die Mitarbeitenden in schwierige Entscheidungen einzubinden und sie permanent aufzuklären. Azubis mit Migrationshintergrund brauchen Unterstützung und Ermutigung. Eine Herausforderung dabei sind Sprachbarrieren.
Vielfalt im Betrieb, so machte er deutlich, hat viele Vorzüge. Durch Gespräch und Austausch geschieht Wissenstransfer. Verschiedene Blickwinkel werden sichtbar. Es kommt zu einer Vermittlung zwischen Generationen und Haltungen. Damit einher geht ein wirtschaftlicher Vorteil.
Der Geschäftsführer des Jobcenters Hildesheim, Ulrich Nehring, beschrieb das Projekt „Walk and Talk 2.0“, das Kundinnen und Kunden in deren Lebensbereich berät. Durch dieses Sozialraumangebot wird „Bewegungslosigkeit“ aufgebrochen und Vertrauen aufgebaut. In der Folge konnten vor allem Frauen als Vermittlerinnen für die Arbeit in den Stadtteilen gewonnen werden, sog. „Stadtteilmütter“. Durch ihre Arbeit wurde ihr Selbstwertgefühl gestärkt. Einige von ihnen sind zu sozialpädagogischen Assistentinnen in Kitas ausgebildet worden.
Nehring zeigte auf, dass durch die Kombination von Sprachförderung und Arbeit die besten Integrationsergebnisse erzielt werden.
Als Multiplikatoren bringen die Vizepräsident*innen das Diskutierte in die Handwerksbetriebe und Handwerksorganisationen ein. In ihrem Resümee waren sie sich einig: „Das Thema Religions- und Kultursensibilität spielt eine so große Rolle, dass wir dranbleiben wollen und müssen. Neben der Kontinuität braucht es Information. Wir müssen immer wieder darüber reden.“
Zum Programm der Tagung gehörten außerdem eine Führung durch die UNESCO-Welterbekirche St. Michaelis, ein Begegnungsabend mit dem Kirchenvorstand der St. Michaelis-Kirchengemeinde, der Besuch des Vereins „Arbeit und Dritte Welt e. V.“ sowie die Teilnahme an einem Gottesdienst.
Hille de Maeyer, Referentin für Kirche und Handwerk