Hannover. Vertreter aus Politik, Kirchen, Gewerkschaften und Verbänden haben am Dienstag in Hannover die gemeinsame Erklärung „75 Jahre Grundgesetz“ vorgestellt. Das seit einem Dreivierteljahrhundert bestehende Grundgesetz sei „eine echte Erfolgsgeschichte“, heißt es darin: „75 Jahre Frieden, 75 Jahre persönliche und politische Freiheit, 75 Jahre wachsender Wohlstand.“ Mit der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 habe sich zudem der große Wunsch der Mütter und Väter des Grundgesetzes nach einer Wiedervereinigung Deutschlands erfüllt.
„Allerdings steht unsere Demokratie aktuell auf dem Prüfstand“, mahnte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Gästehaus der Niedersächsischen Landesregierung. Die Gesellschaft müsse viel dafür tun, ihre gemeinsamen Werte zu schützen und so den Geist des Grundgesetzes zu würdigen. „Dafür haben wir landesweit viele Partnerinnen und Partner gefunden“, betonte Weil angesichts zahlreicher geplanter Veranstaltungen rund um den 75. „Geburtstag“ des Grundgesetzes am 23. Mai. Dabei sei es ganz gleich, ob es sich um Großereignisse mit mehreren Tausend Teilnehmern handele oder kleine Veranstaltungen mit „vielleicht zwei Handvoll Besuchern“ sagte Weil.
Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) sagte, es sei wichtig, vor allem Kindern und Jugendlichen den Wert des Grundgesetzes zu vermitteln. „Viele verstehen nicht, was das Gesetz mit ihnen zu tun hat.“ Aus diesem Grund sei ihr Ministerium unter dem Motto „Mein Recht, deine Rechte, unsere Rechte“ insbesondere an Kitas und Schulen aktiv und habe auch einen Wettbewerb ins Leben gerufen. Kita-Kinder gestalteten dafür beispielsweise ihr liebstes Kinderrecht in kleinen Szenen in Schuhkartons, Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen erstellten Filme, Podcasts oder richteten sogar Kochveranstaltungen aus. „Es ist schön, dass alle Altersstufen auf eigene Weise ihren Bezug zum Gesetz mit Leben erfüllen“, betonte die Ministerin.
Für die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen sagte Kerstin Gäfgen-Track, den Müttern und Vätern des Grundgesetzes sei zu danken, „dass sie das Recht auf religiöse Bildung zu einer Verfassungsnorm erklärt haben, nicht als kirchliches Privileg“. Der konfessionelle Religionsunterricht sei das einzige Fach, das im Grundgesetz als gemeinsame Sache von Bundesland und Kirchen verankert sei. Für das Recht auf religiöse Bildung machten sich evangelische Kirchen und katholische Bistümer gemeinsam seit 25 Jahren stark. „Wir vertreten heute die These, dass ein gemeinsam verantworteter christlicher Religionsunterricht verfassungsgemäß ist.“
Mehrdad Payandeh, Vorsitzender des DGB-Bezirks Niedersachsen, Bremen, Sachsen-Anhalt, sagte, das Grundgesetz sei das Fundament dafür, dass die Menschen in Deutschland friedlich und in Wohlstand lebten. „Wenn es mal Krisen gibt, dann hält man zusammen und packt an.“ Das Gesetz sorge zudem für Ausgleich. „Es lässt die unteren Schichten nicht zurück und die oberen Schichten nicht aus der Verantwortung.“ Ähnlich äußerten sich auch Maren Wegener vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund und Benedikt Hüppe für die Unternehmerverbände Niedersachsen.
75 Jahre Grundgesetz seien in jedem Fall ein guter Anlass, um einen Blick in die Verfassung zu werfen und sich deren besondere Errungenschaften ins Bewusstsein zu rufen. Schutz der Menschenwürde, freie Meinungsäußerung, Gleichheit vor dem Gesetz, Demokratie und Rechtsstaat – das und vieles mehr garantiere das Grundgesetz. In der gemeinsamen Erklärung heißt es dazu: „Wir betrachten all das häufig als selbstverständlich, das ist es aber nicht. In vielen Teilen dieser Welt gibt es die bei uns garantierten Grundrechte und Staatsprinzipien leider nicht.“
epd Niedersachsen-Bremen